La Montanara, Eis und Pferdekutsche

Huch, da stand der gleiche Eiswagen, wie er regelmäßig bei uns vor dem Spielplatz steht und mit seiner Klingel die Kinder anlockt, sich ein Eis zu kaufen. Ich war zum Sommerfest ins Heim eingeladen, in dem mein Vater bis April letzten Jahres wohnte, und bin gerne der Einladung gefolgt. Die Hofeinfahrt war vom Eiswagen versperrt. Als ich den Wagen und die Schlange davor sah, wurde ich plötzlich sechs Jahre zurückgebeamt.

Ich saß am Schreibtisch und hörte entfernt die Klingel des Eismanns. Mein Vater kam eilig die Treppe hochgelaufen in mein Büro: „Komm‘ schnell, Malu. Ich muss zum Eiswagen. Du musst mit, ich geb‘ eines aus.“ Neugierig ging ich Papa, der mich energisch am Arm zog, hinterher. Mein Vater und Eis essen! Nie im Leben! Was hatte er immer gesagt: „Ich hab‘ lange genug bei Langnese gearbeitet und weiß, was drin ist. Das esse ich nicht!“ Und nun stürzten wir wie die kleinen Kinder vom Spielplatz zum Eiswagen.
Mit leuchtenden Augen sagte er zum Eismann: „Das ist meine Tochter, die will auch eines.“ Der Eismann strahlte ihn an: „Herr Schäfer – wie immer?“ Na so was, da hat er sich also regelmäßig ein Eis geholt. Wir setzen uns auf die Gartenmauer und schleckten unser Eis. Diese schelmisch glänzenden Augen meines Vaters werde ich nie vergessen.

Und jetzt ist die Szene wieder genau vor mir. Mit glänzenden Augen stehen die Bewohner des Heims Schlange und freuen sich auf ihr Eis. Die Mitarbeiterinnen begrüßten mich mit herzlicher Umarmung und drückten mir gleich zwei Märkchen in die Hand: „Hier, da kannst du dir auch zwei Bällchen Eis holen.“ Fröhlich stellte ich mich an und beteiligte mich an den Überlegungen, welche Sorte wohl die beste sei. Himbeer-Joghurt, Schokolade, Nuss oder Vanille? Oder doch lieber Amarena-Kirsche oder Mango? Mit Schoko und Mango in der Waffel setzte ich mich zu den Mitarbeitern und beobachtete das Treiben auf dem Sommerfest. Ein Mann versuchte seine Frau mit Eis zu füttern, weil sie sich den kleinen Löffel immer wieder in die Nase steckte. Er war etwas unwillig, aber sie setzte sich durch, fand aber nach ein paar Versuchen doch den Mund. Andere stellten sich erneut in die Schlange und behaupteten: „Ich hab‘ noch kein Eis bekommen, ich will auch eines haben wie der Franz!“ Ein Enkel redete seiner Oma gut zu, das Eis zu probieren, musste es dann aber selbst verspeisen, sie wollte nicht.

Großes Gedränge gab es plötzlich, als die Pferdekutsche kam und alle zu einer Kutschfahrt einlud. Es konnten immer nur sechs Personen mitfahren. Aber alle wollten natürlich zuerst. Mit meinem Papa bin ich vor drei Jahren auch mitgefahren. Das war schwierig, weil wir warten mussten, bis sie wiederkam, sie fuhr uns damals voll besetzt vor der Nase weg. „Wenn ich jetzt fahren will, dann muss sie auch da sein!“ Nun, er musste sich gedulden, genoss dann aber die Fahrt und wollte noch eine Runde drehen. „Ist mir doch egal, wer da noch mitfahren will.“

Ein lautes Quietschen und Pusten machte auf die Sängerin einer kleinen Band aufmerksam, die bekannte Schlager präsentierten. „Auf besonderen Wunsch nun ‚La Montanara‘. Und alle mitsingen….“ Und schon gings los: Hörst du La Montanara – Die Berge sie grüßen dich – Hörst du mein Echo schallen – Und leise verhallen … und so weiter. Wieder glänzende Augen und schunkelnde Gäste.

„Wir werden die ersten Heimbewohner sein, bei denen Queen, die Stones und ACDC gespielt werden muss“, raunte ich meiner Sitznachbarin zu.

Hach, aber schee woars beim Sommerfest. Mit vielen schönen Erinnerungen trat ich den Heimweg an.

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