Über Bürstenwurm

Bürstenwurm ist ein Begriff, den mein Vater geprägt hat, als er schon Worte und Sprache verloren hat. Er hatte einen Bürstenwurm im Bett und wollte von mir, dass ich diesen entferne. Ich war hilflos und wusste nicht, was ich tun sollte. Da er immer die Bettdecke hob und auf seine Füße schaute, nahm ich diese und schüttelte sie auf. Er sah mich dankbar an und sagte: „Nu, isser weg. Danke, dass du das repariert hast.“

Ich weiß bis heute nicht, was ein Bürstenwurm ist. Aber diese kleine Szene hat mich so erschreckt, denn sie zeigte mir, dass Kommunikation noch schwieriger werden würde als bisher. Für mich ist der Begriff Symbol der damals beginnenden Sprachlosigkeit und Leere, die – wir wissen es nicht genau – bei Demenz-Patienten um sich greift.

Als ich beschloss, meine Gedanken und Erlebnisse der letzten vier Jahre in diesem Blog zusammen zu fassen, weil sie sonst auch bei mir verloren gehen, war klar, dass „Bürstenwurm“ der Titel sein musste.

Ich weiß nicht wie ein Bürstenwurm aussieht, leider kann ich nicht zeichnen, um mir eine Vorstellung davon zu machen. Vielleicht begegne ich mal jemanden, der eine Idee hat.

7 Gedanken zu „Über Bürstenwurm

  1. hi. ich kenne das auch sehr gut: meine mutter bezeichnete mich als „knusprig“, meinte vermutlich hektisch…eine liebevolle eigene beschreibung…:)
    ich habe meine erfahrungen teilweise auch protokolliert und zwar im alzheimer-blog, vielleicht kennen sie den ja auch: http://www.alzheimerblog.de/
    ich habe die letzten vier jahre mit meiner alzheimer-erkankten mutter sehr genossen und möchte sie nicht missen, aber ich weiß auch, dass ich es zuhause nicht geschafft hätte…viel kraft ihnen weiterhin! jutta h.

    1. Herzlichen Dank für Ihre lieben Wünsche, es ist und bleibt spannend. Den Blog kenne ich und habe ihn unter „Hilfreiche Links“ bereits verlinkt.
      Alles Gute, Ihre Malu Schäfer

  2. Der Begriff „Bürstenwurm“ könnte z.B. für etwas stehen, das sich ausschließlich von Synapsen ernährt. Ein Tier, das „Endlosbänder“ mit immer den gleichen Fragen, Sorgen und Bedenken bei den betroffenen Menschen auslöst und dabei gegen alle beruhigenden Worte resistend erscheint.

  3. Die Geschichte zu Bürstenwurm ist herrlich und zeigt genau das, was mir jeden Tag im Umgang mit Demenz begegnet. Es ist immer wieder ein grosses Glücksgefühl herauszufinden, was gemeint ist und ihnen zu helfen in unserer Welt zurecht zu kommen…

  4. Liebe Malu, das ist ein sehr anspruchsvolles, berührendes Projekt, dieser Blog. Ich wünsche Dir viel Kraft dabei und dass es Dir hilft, Deinen Vater zu begleiten. Zwischen Persönlichem und allgemein Zugänglichem abzuwägen, ist sicher schwer. Gern nehme ich Anteil und verfolge, was Du schreibst, zumal mein Vater auch immer mehr abgleitet in diese anderen Welten, die wir so schwer nachvollziehen können und wollen.
    Liebe Grüße,
    Frauke

  5. Hi Malu;
    Tolles Projekt!
    Ich wünsche dir viel Kraft dabei, denn es wird mit Sicherheit Momente geben, wo es nicht ganz so einfach ist zu schreiben, was dich und deinen Vater bewegt.
    Bürstenwurm? Kann das eine behaarte Raupe gewesen sein?
    Siehe es mal als Metapher: Am Ende verpuppt sie sich zu einem schönen Schmetterling und fliegt davon…
    Liebe Grüße
    Volker

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