Der Werner von Siemens

WernervonSiemens„Ich bin der Werner von Siemens“, so stellte sich mein Vater breit grinsend oft Menschen vor, denen er zum ersten Mal begegnete. Und er hatte jedes Mal nach ein paar Sekunden die Lacher auf seiner Seite. Seinen Betriebsangehörigenausweis haben wir am Wochenende zufällig in seinem Arbeitskeller gefunden. Da kommen Erinnerungen wieder ans Tageslicht. Ich musste sofort an diesen ‚Werner von Siemens‘ denken.
Bei mir hat es als Kind allerdings etwas länger gedauert, bis ich diesen Scherz verstand. Bevor ich die Geschichte von Siemens kannte, war ich immer sehr erstaunt, dass die Menschen das lustig fanden. Lachten die meinen heißgeliebten Papa aus? Schließlich hatte er doch recht. Er heißt Werner und arbeitet bei Siemens. Was war daran nur so lustig?

Als ich vor ungefähr eineinhalb Jahren beschloss diesen Blog zu schreiben, habe ich lange überlegt, wie er heißen soll. ‚Mein Vater‘ und vieles andere war mir zu uneindeutig, irgendwie sollte es zu ihm und seiner Persönlichkeit passen, vielleicht auch klar sein, dass es hier nicht nur um einen Vater, sondern um einen dementen Vater ging. Schließlich wollte ich Demenz thematisieren, in den Blick der Öffentlichkeit bringen und anregen, darüber zu reden. Aber Demenz im Titel und damit in der Domain? Die musste ja auch frei sein.
Mir kam sofort ‚Werner von Siemens‘ in den Sinn, das war sein Leben. Ich war aber überzeugt, dass Siemens diese Domain längst reserviert hätte. Dann stellte ich fest, dass http://www.wernervonsiemens.de/ noch frei war (und immer noch frei ist). Die Gedanken gingen hin und her, durfte ich diese Domain überhaupt reservieren? Hätte jemand „die Rechte“ daran? Sollte ich einen Rechtsanwalt konsultieren? Ich traute mich nicht, die Domain einfach so zu registrieren.

Dann kam mir eine Idee. Schließlich bin ich Marketingfrau. Also schrieb ich kurzerhand die Kommunikationsabteilung von Siemens an. Berichtete über den Hintergrund, vom Stolz meines Vaters, ein Siemensianer zu sein und schilderte mein Vorhaben. Ich wartete vergeblich auf Antwort. Keine Mail, kein Anruf. Als ich versuchte telefonisch Kontakt aufzunehmen wurde ich hin und her verbunden und erreichte letztlich nichts. Vielleicht war ich zu blauäugig, mein Anliegen war wohl nicht wichtig genug.

Erst war ich enttäuscht, bin ich doch die Tochter dieses heldenhaften Siemensianers. Inzwischen bin ich sehr glücklich, dass es so gekommen ist. Sonst würde es keinen Bürstenwurm geben. Denn mir fiel sofort das Erlebnis mit Papas ‚Bürstenwurm‘ ein – und dann war sofort klar: Das musste der Name werden! Bürstenwurm, der Name macht neugierig, bleibt im Gedächtnis, regt Phantasie und Kreativität an und ist für mich auch Symbol für die heimtückische Krankheit, die mein Vater hat. Und ‚Bürstenwurm‘ symbolisiert diesen hintergründigen Humor, den der Werner von Siemens immer besessen hat. Diesen Humor haben viele Menschen nicht verstanden und wir beide zwinkerten uns immer zu, wenn wir wieder einen solchen erwischten. Und ich glaube, ganz tief in ihm ist dieser Humor immer noch vorhanden. Das finde ich tröstlich.

Deswegen ist ‚Bürstenwurm‘ der beste Name für diesen Blog!

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