Pappkartons

MüllbergWir laufen im Heim von Stockwerk zu Stockwerk, um meinen Vater zu suchen. Ihm war die Weihnachtsfeier 2013 nach einer Stunde zu langweilig und er sprang mit den Worten auf: „Ich geh‘ jetzt!“ Und – schwupps – war er verschwunden.
Der Herr, der die Deko als Plätzchen gegessen hatte, meinte, er sei mit dem Fahrstuhl nach oben gefahren. Die Dame mit Glitzersternchen im Haar sagte: „Nein, nein, er ist nach unten gelaufen!“ Ich blickte etwas wirr durch die Gegend, bis eine Mitarbeiterin sagte: „Sie laufen nach oben, ich nach unten!“ Also los.

Ich laufe die Treppen von Etage zu Etage durch den ganzen Flur um die Ecke zu den Fahrstühlen. Nichts! Nur andere Bewohner, die mich erschrocken ansehen, wie ich so um die Ecke rase. Oben angekommen, machte ich das Ganz wieder im Runterlaufen. Im ersten Stock sauste ich um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen: Mein Vater kam ganz langsam rückwärts aus dem Fahrstuhl und hatte riesige Pappkartons in der Hand, die er unter Mühen aus dem Aufzug zerrte. Ich fragte mich, wie er die alle hineinbekommen hat. Es schien kein Ende zu nehmen. Mit einem riesigen Karton in der Hand sah er mich strahlend an und meinte freudig: „Das muss doch einer sortieren!“

In diesem Moment kam die Mitarbeiterin der Station um die Ecke, sah das Chaos und meinte: „Na, Herr Schäfer, lassen Sie uns das mal sortieren.“ Wir packten alles wieder in den Fahrstuhl und sie fuhr hinunter. Mein Vater zwinkerte mir zu: „ Nu passiert was!“ Danach ging er fröhlich mit mir ins Zimmer, legte sich ins Bett und schlief sofort ein.

Zu Hause hatte er sich immer um den Müll gekümmert, das einzige, was auch fast bis zum Krankenhausaufenthalt funktionierte. Am meisten regte er sich auf, wenn wir Pappkartons nicht klein zerlegten. „Die nehmen doch so viel Platz weg!“ Also hat er sich diesem Problem auch im Heim angenommen.

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