Konfetti-Parade

Konfetti_1Eigentlich war der Plan an diesem Samstag, dem 21. März, morgens gleich zur Syltfähre durchzustarten. Eigentlich! Wenn mir da nicht drei Tage vorher über Facebook der Hinweis in die Chronik geflattert wäre, dass in Hamburg eine Konfetti-Parade stattfinden sollte. Organisiert wurde diese von KONFETTI IM KOPF, einer bundesweit angelegten Demenz-Aktion zum Mitdenken, Mitfühlen, Mitmachen. Ziel dieser Parade war es, ein weithin sichtbares Zeichen zu setzen, dass Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen in die Mitte der Gesellschaft gehören, dass ein Leben trotz oder manchmal sogar wegen Demenz sehr lebenswert sein kann und dass das Alter überhaupt von unvergleichlicher Schönheit ist.

Und bei dieser Parade wollte ich dabei sein. Das hieß mitten in der Nacht aufzustehen, um um 10 Uhr in Hamburg pünktlich am Hauptbahnhof zu sein. Wer mich kennt weiß, was das für mich heißt. Um 4 Uhr nachts aufstehen ist für mich praktisch unmöglich. Aber was tut man nicht für die Sache. Und mir ist es ein Anliegen, Demenz in der Öffentlichkeit zu thematisieren und sichtbar zu machen.
Wir schafften es, pünktlich da zu sein und meine Angst, den Startpunkt nicht zu finden, konnte ich getrost vergessen. Wer könnte diese Aktion übersehen? Am Heidi-Kabel-Platz waren bereits viele Menschen versammelt, eine Band spielte heiße Rhythmen und viele Helfer statteten jeden, der mitlaufen wollte, mit einem bunten Luftballons aus. Es sah nach einer halben Stunde aus wie Konfetti in der Luft.

Da kamen ganz unterschiedliche Menschen zusammen, Betroffene, Angehörige, professionell Pflegende und Menschen, denen aus welchen Gründen auch immer, das Thema am Herzen liegt. Viele waren lustig geschminkt, manche verkleidet, einige tanzten, hatten Musikinstrumente dabei und sangen eigens zum Thema geschriebene Lieder. Alle waren guter Stimmung.
Es gab auch eine Menge Oldtimer zu bestaunen, die die Parade begleiten sollten. An sich fehlte nur eine Würstchenbude oder etwas Vergleichbares.

Punkt 11 Uhr gab der Organisator nach motivierenden Worten den Startschuss, zwei Oldtimer und eine Sambagruppe führte die Parade an. Polizisten und Ordner begleiteten den Zug vom Bahnhof zum Rathausplatz. Auch diese hatten bunte Luftballons umgeschnallt. Und natürlich wurde ständig Konfetti geworfen. (Noch heute finde ich in der Tasche und meinem Schal bunte Papier-Punkte.) So bunt wie das Konfetti, die Ballons und die Bilder war die ganze Parade, so bunt war die Stimmung, fröhlich trotz einsetzendem Regen.
Überall wurden Transparente und Plakate getragen, die mit verschiedenen Sprüchen und Slogans auf die Situation der Demenzkranken und der Pflegesituation aufmerksam machen. Zuschauer waren neugierig und fragten, was das für eine Parade sei, ließen sich gerne informieren und nahmen die Handzettel mit. Manche schlossen sich spontan an und liefen mit.

Tanzend und singend erreichte die Parade den Rathausplatz. Die Abschlusskundgebung der Organisatoren und Aktivisten leitete nahtlos in das Konfetti-Camp über, eine Konferenz, die an diesem Wochenende dort stattfinden würde.
Die Organisatoren erwarteten 500 Teilnehmer, letztlich waren es etwa 1.000. Ein voller Erfolg, der mir Mut macht. Es gibt viele Menschen, die sich engagieren, auseinandersetzen und politische Forderungen stellen.

Auf dem Rückweg zum Auto hat mich ein Hamburger etwas verwirrt darauf hingewiesen, dass ich „da viel Papier in den Haaren hätte“. Ich grinste ihn breit an: „Ich war ja auch auf einer Konfetti-Parade!“ Ich fürchte, er hat meine Erklärung nicht ganz verstanden.

(Und hier gibt es einen wunderbaren kurzen Film über die Parade.)

Ein Gedanke zu „Konfetti-Parade

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