I did it may way

Dieses Lied von Frank Sinatra hat mich in meinem Leben begleitet. Ich habe oft genug Wege eingeschlagen, von denen mir Verwandte, Freunde und ab und zu auch meine Eltern abrieten. Manchmal bin ich dabei auf die Nase gefallen, aber meist war es genau der richtige Weg.

Vielleicht habe ich das von meinem Vater, der mir immer wieder verschmitzt diese Geschichte erzählte: „Als ich als 18-Jähriger, nicht wie von meinem Vater geplant und organisiert mich bei der Bahn beworben hatte, sondern bei Siemens, hat er tagelang nicht mit mir gesprochen. Ich glaube, am liebsten hätte er mir noch den Hintern versohlt.“ Papa hatte bei den Stadtwerken in Bad Nauheim erfolgreich seine Lehre zum Elektro-Installateur abgeschlossen und sollte zur Bahn gehen. Da arbeitete auch sein Vater und sein älterer Bruder. Die Familientradition sollte also fortgesetzt werden. Aber es kam anders. Er hatte in Frankfurt ein verabredetes Bewerbungsgespräch im Hauptbahnhof. Als er aus dem Zug stieg, entdecke er ein großes Plakat von Siemens. „Das war wie für mich gemacht. Da stand, die suchen Elektriker für tolle Baustellen und gleich die Adresse der Personalabteilung.“ Kurz entschlossen, ist er einfach nach Rödelheim gefahren und in die Personalabteilung einmarschiert, wie er sagte. „Und eine Stunde später kam ich mit einem Arbeitsvertrag raus. Mann, war ich glücklich bei diesem Weltkonzern eine Stelle bekommen zu haben.“
Papa hats einfach gemacht, wie er wollte, he did it his way. Die Konsequenzen zu Hause waren ihm erst mal egal.

Genau so ist er 1978 nach Erlangen gefahren, weil er erfahren hat, dass Mitarbeiter für Auslandsbaustellen gesucht werden. Meine Mutter und ich wussten nichts davon. Angeblich war es nur ein Projektmeeting in Erlangen. Nach zwei Tagen kam er freudestrahlend nach Hause. „In zwei Wochen fange ich in Bagdad an zu arbeiten.“ Wir waren stumm vor Schreck. Meine Mutter hatte sicher Schnappatmung. Ich war neugierig und schaute erst mal in den Atlas, wo Bagdad lag. Ehrlich, ich hatte Kopfkino von Tausendundeine Nacht, Bauchtanz und Wunderlampen. Ganz so romantisch wurde die Zeit nicht, aber sehr prägend für meinen Vater. Er traute sich nach Bagdad, wusste praktisch nicht, worauf er sich einließ, hatte keine Englischkenntnisse und kannte keinen einzigen Kollegen.
Papa hats einfach gemacht, wie er wollte, he did it his way. Die Konsequenzen zu Hause waren ihm erst mal egal.

Und dann saß ich im letzten Jahr am 7. April in seinem Zimmer und hielt seine Hand. Es war schnell klar, dass er diesen Tag wohl nicht überleben würde. Die Mitarbeiter im Heim sorgten liebevoll dafür, dass es mir gut ging, brachten Kuchen, Wasser und diese Tasse Kaffee mit der Aufschrift „I do it my way“. Als ich den Becher sah, schossen mir Tränen in die Augen. Der Becher war gut gewählt: Das passte zu meinem Vater (und auch zu mir). Er hat sein ganzes Leben sein Ding durchgezogen, ist seinen Weg gegangen und jetzt geht er seinen weiteren Weg in eine neue Welt, das waren meine Gedanken.

An diesem Abend haben sich unsere Wege in dieser Welt getrennt. Aber in meinen Gedanken sind wir verbunden. Ich weiß, dass er gut aufgehoben ist und ich kann meinen Weg mit festen Schritten weitergehen.

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