Auf Streife

Human silhouette with flashlight in shadow on wood background, XIch schrecke hoch und denke im ersten Moment: „Da sind Einbrecher im Haus!“ Was soll ich tun? 1000 Gedanken schwirren mir durch den Kopf und – ich muss unbedingt auf Toilette. Also, was nun? Langsam, ganz langsam, stehe ich aus dem Bett auf und versuche mich, so geräuschlos wie möglich anzuziehen. Da! Schon wieder ein Geräusch, diesmal näher als vorher. Ein bisschen mulmig ist‘s mir schon.

Ich packe meinen ganzen Mut zusammen, schleiche durch das Zimmer, ohne Licht zu machen und öffne in Zeitlupe meine Zimmertür. Ach, du Schreck, da ist ein Lichtschein im Treppenhaus und jetzt kommen Schritte die Treppe heraus. Mein Herz sackt in die Hose. – Und wen sehe ich zielstrebig die Treppen heraufschlurfen? Meinen Vater! Komplett angezogen.

Er läuft langsam, fast wie ein Roboter, in gleichmäßigem Rhythmus Stufe für Stufe und hat eine Taschenlampe in der Hand und leuchtet im Treppenhaus umher. Ich gehe ihm auf halber Strecke entgegen. Er scheint mich nicht zu sehen. Ich biege auf die Toilette ab, er ist inzwischen in meiner Wohnung und läuft durch jedes Zimmer, schaut sich genau um und leuchtet alle Ecken aus. Wohnzimmer, Küche, Wintergarten, die Balkontüre macht er nicht auf, kehrt um, durch den Flur und wieder das Treppenhaus hinunter, Schlafzimmer und Toilette hat er ausgelassen. Ich schleiche ihm nach. Er ist in seiner Wohnung und geht dort auch in jedes Zimmer: rein, gucken, leuchten, raus ins nächste Zimmer. Dann runter in den Keller, dort inspiziert er auch jeden Raum und bleibt dann in seiner Werkstatt. Hier höre ich die üblichen Räumgeräusche, er sortiert also wieder seine Werkzeuge um, jedes bekommt einen anderen Platz. Eine „Übung“, die er schon ein paar Wochen durchführt.

Aber dieses Inspizieren der einzelnen Räume, das er im März 2013 erstmals machte und dann immer wieder, erschreckte mich doch. Ich fühlte mich wie im Krimi und mein Vater ging „auf Streife“ wie ein Sicherheitsdienst.

Ein Gedanke zu „Auf Streife

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