Es klingelte, ich ging zur Tür und war total geschockt. Vor der Tür standen mein Vater und ein junger Mann. Ich machte auf und bekam nur „Papa…?“ raus. Der junge Mann sagte: „Ihr Vater stand an der B3 und verteilte Geld, mitten im Regen. Ich dachte, da stimmt doch was nicht, hielt an und Ihr Vater meinte, er wolle nach Hause. Er hat mich hierher gelotst.“ Vor lauter Schreck bekam ich nur ein „Danke“ raus und starrte beide an. Mein Vater war pitschepatsche nass, es regnete seit Stunden in Strömen. Er hatte nur Hausschuhe an, Gott sei Dank eine lange Hose und ein Hemd, und stand zitternd in der Tür. „Ich fahr dann mal wieder. Ihnen alles Gute.“ Mein Vater, der Läufer (2) weiterlesen
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Einfach unvergesslich
„Claire, wie sollen wir das denn bloß den Kindern sagen?“ Claire ist seit kurzem wieder glücklich verheiratet und genießt das Leben mit Ihren beiden Töchtern. Als die Diagnose Alzheimer gestellt wird bricht ihre Welt zusammen. Die noch junge Frau hatte sich ihre Zukunft anders vorgestellt. Einfach unvergesslich ist der erste Roman, den ich zum Thema Demenz gelesen habe. Faszinierend ist, wie es die Autorin schafft, erzählerisch das komplexe Beziehungsgeflecht in der Familie, das sich nun radikal wandelt, locker und zugleich spannend aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu schildern. Der Ehemann, die Mutter und die Tochter von Claire schauen auf das Leben und die beängstigenden Veränderungen. Claire beschließt, einige Dinge in der Familie noch zu regeln, bevor sie sich gar nicht mehr orientieren und einmischen kann. Einfach unvergesslich weiterlesen
Aussteigen – wie kommst du hier rein?
„Sag mal, wie kommst du hier eigentlich rein?“ Diese Frage stellte mein Vater in den ersten Monaten seines Heimaufenthaltes ständig und mit einem vorwurfsvollen Unterton. Stereotyp antwortete ich: „Durch die Tür!“ Jedes Mal schaute er mich ungläubig an. „Doch glaub mir. Ich klingle und mir macht jemand auf.“ Er nahm die Antwort hin, ich sah ihm aber an, dass er damit nicht zufrieden war, ging jedoch nicht darauf ein. Mir war klar, worauf er hinauswollte. Aussteigen – wie kommst du hier rein? weiterlesen
Der Heimgang
Wer geht heim? Oder ist es ein Buch über den Tod? – Das sind die ersten Gedanken, die mir bei diesem Buchtitel durch den Kopf gingen. Es ist von allem ein wenig. Das Wortspiel funktioniert. Otto Streckeisen war knapp über 90 Jahre als er ins Altersheim gegangen ist. Freiwillig ging er dorthin, weil er im Alltag schwächer und kränklicher wurde. Er erkannte, dass er immer mehr auf fremde Hilfe angewiesen sein würde. Zu Hause war ein alter Kranker unter jungen Gesunden; im Heim ist er einer unter Vielen. Also nichts Besonderes, wie er selbst sagt. Durch Zufall kam er dazu, eine regelmäßige Kolumne für eine Zeitung zu schreiben. Der Heimgang weiterlesen
Demente sind nicht doof
„Dement, aber nicht bescheuert“, so heißt das im letzten Oktober erschienene Buch von Michael Schmieder. Klar, dass ich es mir sofort gekauft habe, das ist ja „mein“ Thema. Schmieder ist Leiter einer Pflegeeinrichtung in der Schweiz, deren Konzept als vorbildlich in der Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen gilt.
Das Interview
Die Redakteurin der Wetterauer Zeitung sprach mich direkt an: „Ich möchte gerne über deinen Blog berichten. Das Thema ist wichtig und ich finde deine Geschichten berührend.“ Ich war sprachlos, meine persönlichen Erfahrungen waren also wichtig genug, dass die Zeitung darüber berichten wollte. Aber das genau ist ja ein Ziel des Blogs, dass in der Öffentlichkeit über dieses Krankheitsbild geredet wird, dass man darüber reden „darf“ und nichts verschleiern muss. Das Interview weiterlesen
Die Sache mit dem Auto
Ja, die Geschichte geht natürlich weiter. Als mein Vater damals von seiner Einkaufstour zurückkam habe ich sofort auch den 3. Schlüssel verlangt. Ich rechnete zwar mit Protest, aber er sagte nur: „Na ja, hier hast du ihn, wenn du meinst.“ Der Tonfall war freundlich und für mich klang es so, als akzeptiere er, schweren Herzens zwar, sein Schicksal. Ich stellte das Auto um die Ecke auf einen sicheren Parkplatz. Mir war klar, dass die Sache damit nicht erledigt war. Die Sache mit dem Auto weiterlesen
Aufräumarbeiten
„Letzte Nacht war Ihr Vater wieder sehr aktiv“, sagte die Mitarbeiterin im Heim, als ich diese Woche dort war und mich erkundigte, wie die letzten Tage waren. Mein Vater hat einen umgekehrten Tag-Nacht-Rhythmus. Manchmal dachte ich schon, es sei besser ihn nachts um 2 Uhr zu besuchen, da könnte ich was mit ihm unternehmen. Tagsüber ist er natürlich oft müde und wenig ansprechbar. Aufräumarbeiten weiterlesen
Information tot Not
Vor fünf Monaten startete ich nach langem Überlegen diesen Blog. Meine Ziele waren zum einen für mich festzuhalten, wie die Demenz meines Vaters unser gemeinsames Leben verändert, unsere Beziehung ändert und zum anderen war mir Sichtbarkeit und Aufklärung über die Krankheit, die jeden treffen kann, wichtig. Von der Resonanz war ich überwältigt, die ersten Posts wurden jeweils von über 500 Personen gelesen und ich bekam sehr viel Resonanz, weniger in Kommentaren, mehr in Emails, auch von mir völlig fremden Menschen. Information tot Not weiterlesen
Papa, bitte geh duschen
„Papa, bitte geh duschen, du stinkst wie ein Waschbär!“ Seit einigen Monaten schon vergaß mein Vater zu duschen. Bisher hatte diese Ansage immer geholfen. Er schaute mich dann erschrocken an, roch unter den Achseln und sagte: „Ohje! Na dann geh ich mal!“ Wenig später kam er stolz aus dem Bad mit selbstgefälligem Blick. „Wow, jetzt bist du schick und riechst wieder sehr gut“, antwortete ich. Er grinste schelmisch. Papa, bitte geh duschen weiterlesen