Es war Anfang April 2013. Ich war mitten in den Vorbereitungen einer größeren Veranstaltung und entsprechend angespannt. Ein Promi sollte der Gastredner sein und da musste alles stimmen. Am Vortag war ich in der Location, um alles für den großen Tag zu richten. Eine Freundin war bei meinem Vater. Sie wollte so nett sein, ein bisschen mit ihm im Garten zu arbeiten. Daran hatte er große Freude, er rupfte Unkraut, was er für solches hielt und schnitt Sträucher zurück, so wie es für ihn richtig war. Mein Garten sah sehr eigenwillig aus. Aber es kümmerte mich nicht, Hauptsache mein Vater war in der frischen Luft und hatte Spaß an seinem Werk.
Ich war sehr vertieft, den Veranstaltungsraum zu gestalten, Stühle zu stellen, Absprachen mit dem Techniker zu treffen, Mikros testen, mit dem Caterer alles zu klären und zu schauen, wo die Sponsoren-Rollups am besten stehen sollten. Vertieft heißt bei mir, dass ich alles, was stört komplett ausblenden kann. So war es kein Wunder, dass ich mein Handy erst hörte nachdem meine Freundin drei Mal versucht hatte, mich zu erreichen.
Sie war völlig aufgelöst und ich verstand erst gar nicht, worum es ging: „Malu, dein GANZER Keller steht unter Wasser.“ „Wie, mein ganzer Keller?“ Ich versuchte, meine Gedanken zu sortieren. „Ja, Malu, ALLES steht unter Wasser. Du musst SOFORT heimkommen!“ „Ich kann jetzt hier definitiv NICHT weg!“ Ich wusste, dass sie gerne bei ihren Schilderungen etwas übertrieb und dachte: wird wohl halb so schlimm sein. Aber sie blieb hartnäckig und ich quakte ins Telefon: „Ulli, ich kann jetzt hier wirklich nicht weg. Das Wasser geht nicht von alleine weg und kann warten bis ich heimkomme.“ Ulli legte wütend auf und ich widmete mich wieder meinen Aufgaben.
Ich schaffte es tatsächlich weiter zu arbeiten, zwar mit einem nagenden Gedanken im Hintergrund, aber ich bekam alles geregelt. Danach fuhr ich mit einem flauen Gefühl im Magen nach Hause. Die Haustür war weit offen und mein Vater kam gerade mit einem Eimer voller Wasser aus der Tür und schütte es in den Gulli vor dem Hof. Lächelnd begrüßte er mich: „Du wir müssen ganz schön was schaffen hier.“ „Ja was denn?“ „Guck mal, da ist ganz viel Wasser im Keller.“ Ich ging hinab und meine Freundin empfing mich mit sauertöpfischer Miene: „Ich hab einen Wasserstaubsauger besorgt, aber jetzt sind wir fast fertig. Ich sauge und Werner trägt das Wasser raus.“ Sie zeigte mir die ganze Bescherung. Letztlich standen wirklich alle Kellerräume 10cm unter Wasser und sie hatten bereits gute Arbeit geleistet. Es waren nur noch kleine Pfützen zu sehen. Wir lösten meinen Vater ab, er war schon ganz schön fertig. Ich schaute mir an, woher das Wasser wohl gekommen war.
Papa wollte wegen der Gartenarbeit das Wasser draußen anstellen. Leider hat er den falschen Hebel erwischt und das Wasser ist durch einen kleinen Überlaufschlauch in den Keller gelaufen. Was ich damals nicht nachvollziehen konnte war, dass er es hätte merken müssen. Das Wasser muss ihm direkt vor die Füße auf den Fußboden gelaufen sein. Heute weiß ich, dass er die Konsequenz daraus einfach nicht mehr gesehen hat.
Er ging an jenem Abend ziemlich müde ins Bett. Am nächsten Morgen sagte er empört: „Stell dir mal vor, wir haben einen Wasserschaden im Keller!“ „Ja, und woher haben wir den?“ fragte ich damals ebenso empört. „Ich hab keine Ahnung, wie das Wasser in den Keller kam, aber der Schaden ist jetzt da.“ Rührend hat er geholfen die restlichen Pfützen trocken zu legen, die Sockel an den Wänden zu säubern und mir einen Vortrag gehalten, dass ich ein Trockengerät besorgen solle, sonst würde der ganz Keller verschimmeln.
Am folgenden Tag, schaute er mich morgens wie ein begossener Pudel an und sagte zerknirscht: „Ich glaub, ich bin Schuld am Wasserschaden. Irgendwas hab ich falsch gemacht.“ „Ach, Papa“, ich nahm ihn seufzend in den Arm und drückte ihn fest, „es ist ja fast alles wieder okay.“
Da kam mir zum ersten Mal der Gedanke auf, dass es zu Hause wirklich nicht mehr lange gut gehen würde. Ich schob diesen Gedanken heftig weg, verdrückte ein Tränchen und frühstückte fröhlich mit Papa.