Warten! Ja worauf?

„Malu, wie lange bist du noch in Urlaub? Deinem Vater geht’s nicht gut!“ Zwei Tage vor Urlaubsende bekam ich diese WhatsApp. Dann ist der Urlaub einfach gelaufen. Ich rief natürlich sofort an und was ich hörte, versetzte mich in Aufregung. Er reagiert nicht mehr, ist noch mehr abgemagert, mag nicht mehr essen und bleibt nur noch im Bett. Mein Vater und nicht mehr essen! Er hat immer gut gegessen und sich auch gerne an den Tellern der anderen bedient. Trotzdem ist er im letzten Jahr, seit dem Krankenhausaufenthalt im Mai 2016 sehr dünn geworden, nur noch Haut und Knochen. Aber er ist auch immer viel gelaufen, trotzdem dass er recht schwach war. Deswegen auch die vielen Stürze, die zwar immer glimpflich ausgingen, aber nicht gut waren.

Verabredet mit den Mitarbeiterinnen des Heims hatte ich, dass wir am nächsten Tag morgens noch mal telefonieren. Dass ich aber keine Ruhe mehr hatte war klar. Geplant war, am Abend schön essen zu gehen. Die WhatsApp kam um 16 Uhr. Schlagartig war mein Appetit weg. Ist ja klar. Wir berieten uns kurz und fassten den Entschluss, zu packen und heimzufahren. Es waren schließlich 600 Kilometer. Mir war wohler bei dem Gedanken, am nächsten Morgen schnell bei meinem Papa sein zu können.

Gesagt getan. Gegen Mitternacht sind wir zu Hause müde ins Bett gefallen. Am nächsten Morgen bin ich gleich ins Heim gefahren. Als ich kam, wurde er gerade gewaschen. Ich erschrak, wie dünn er doch geworden ist. Die Pflegerin sagte: „Seit letztem Jahr hat er 26 kg abgenommen.“ Wahnsinn. Bei seinem Anblick hat es mir fast das Herz zerrissen. Seinen geliebten Vater so zu sehen ist schlimm. Ich blieb lange bei ihm, wir schauten uns in die Augen, er reagierte auch auf meinen Kuss. Das gab mir wieder Hoffnung. Aber Hoffnung wofür?
In dieser Situation fragte ich mich erneut: Was ist das Beste für ihn? Wäre es nicht schöner, einfach friedlich einzuschlafen? Tatsächlich geht es seither Auf und Ab. Mal besser, mal schlechter.

Ich habe das Gefühl, ich lebe auf Abruf. Ich arbeite zwar, erledige meine Termine etc., aber gedämpft und mit weniger Enthusiasmus. Mir wird schlecht bei dem Gedanken, dass er stirbt. Aber was soll ich wünschen? Was ihm wünschen? Eigentlich nur noch, dass er schnell, friedlich und ohne Schmerzen sterben kann. Der Abschied fällt trotzdem sehr schwer!

Dieser Blogpost fiel mir nicht leicht und er ist sehr persönlich. Aber auch das gehört dazu und wir müssen drüber reden.

8 Gedanken zu „Warten! Ja worauf?

  1. ja….es ist schwer….ich kenne diese situation von mir selbst und ich kenne sie aus der sicht der PK…..ich wünsche dir viel kraft liebe malu…

  2. Liebe Malu, unser herzliches Beileid! Wir können alles nachvollziehen! Wir selbst haben über 3 Jahre zwei Alzheimerfälle in der Familie betreut. Wir gingen eigentlich nur noch auf dem „Zahnfleisch“. Ständig diese Anrufe und, und und!!!
    RIP lieber Malu-Papa!!!

  3. Liebe Malu, es stimmt, Du lebst aktuell auf Abruf. Bei uns ist es acht Jahre her, als der Anruf kam. Vorher hatten wir mit ansehen müssen, wie aus einem agilen, lebensbejahenden, geselligen und kräftigen Menschen ein „Häuflein Elend“ geworden war. Letzendlich waren wir „froh“, als es zu Ende war, besonders für unseren Vater, aber auch für uns. Jemanden so zu sehen, ist einfach grausam und es schnürt uns auch heute immer noch den Hals zu, wenn wir die letzten Bilder abrufen. Wünsche Dir Kraft und dass das Loslassen gelingt.

  4. Ja es fällt schwer darüber zu reden.
    Unsere Mutti ist nach einer Woche Kampf dann ganz friedlich eingeschlafen.
    Sie fehlt uns sehr.
    Diese Krankheit ist so schlimm.
    Und es gibt immer mehr Menschen die daran leiden.
    Habe Ihren Blog immer gelesen und uns darin wieder erkannt.
    Wünsche Ihnen alles Gute und Kraft.

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