Der Autoschlüssel

Der Autoschlüssel„Papa, wir haben früher oft darüber gesprochen, wann es Zeit ist, den Autoschlüssel abzugeben und nicht mehr Auto zu fahren.“ „Jaja, meine Schwester hat das viel zu spät gemacht. Ich hab immer wieder mit ihr geschimpft und was da nicht alles passiert ist. Es hätte viel schlimmer kommen können.“ „Ja, Papa, ich erinnere mich noch gut, sie war ja mal plötzlich auf den Gehsteig gefahren.“ „Ja und?“ „Papa, du hast damals zu mir gesagt, wenn ich meine, dass es soweit sei, solle ich dir den Schlüssel abnehmen, auch wenn du das nicht willst.“ „Ja und?“ „Ich glaube, Papa, jetzt ist es soweit.“ „Nein, nein, nein. Wie kommst du auf diese Idee?“

Mir war schon tagelang angst und bange vor diesem Gespräch, aber es musste sein. Es war im Februar 2011, er hatte schon zwei Mal innerhalb von vier Wochen beim Rausfahren aus dem Hof, den gegenüber parkenden Wagen des Nachbarn angefahren. Mir war das peinlich, auch wenn der Schaden nicht sehr hoch war. Ungefähr zeitgleich berichtete mir meine Tochter, die vom Opa ab und an aus der Schule abgeholt wurde, dass sie nicht mehr mit ihm fahren wolle. In der letzten Zeit sei er immer wieder auf der linken Seite gefahren oder bei Rot über die Ampel. Wir erfanden Ausreden, warum ich sie abholen wollte.
Nun musste Schluss sein! Ich musste ihm beibringen, dass es zu gefährlich sei, wenn er weiter Auto fahren würde, für ihn und die anderen Verkehrsteilnehmer. Das war eine der schlimmsten Situationen für mich. Mir war klar, dass ich ihm damit das letzte Stück Mobilität und Selbständigkeit raubte und demonstrierte, dass ich diejenige bin, die den Ton angibt. Der Rollentausch wurde damit manifestiert.

Das Gespräch dauerte lange, wir haben beide gestritten, geweint und uns wieder versöhnt. Letztlich gab er mir den Schlüssel, ich schaute ihn an und sagte: „Den Ersatzschlüssel bitte auch!“ Zerknirscht, rückte er auch diesen raus. Ich kochte uns einen Kaffee und wir unterhielten uns noch ein wenig, bevor ich mich ins Büro zurückzog und mich langsam beruhigte. Plötzlich hörte ich Motorengeräusche von seinem Auto. Ich stürzte ans Fenster, hoffend, dass eine meiner Töchter das Auto genommen hätte. Aber was sah ich da? Mein Vater fuhr schelmisch winkend an mir vorbei aus dem Hof und bog auf die Straße ab!

Da hatte der alte Haudegen noch einen dritten Schlüssel. Ja, der Siemens Bauleiter sorgt einfach für alle Eventualitäten vor!

(Teil 2 der Geschichte)

Ein Gedanke zu „Der Autoschlüssel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert