Archiv der Kategorie: Persönliches

Demenz für Anfänger – Das Buch

Oma Paula war die Konstante im Leben ihrer Enkelin Zora Debrunner; ihr Haus war Zoras zweites Zuhause. Sie verbrachte die Ferien dort, auch eine lange Zeit der Rekonvaleszenz. Oma Paula war ihre Vertraute, sie besprachen am Küchentisch alles, den ersten Liebeskummer, Schulprobleme und alles was ihnen im Leben wichtig war. Doch irgendwann nach dem plötzlichen Tod von Zoras Mutter, wurde Oma Paula vergesslich und langsam dement. Es kam der Zeitpunkt, da sie nicht mehr allein in ihrem Haus leben konnte und in ein nahegelegenes Heim ging. Anfang Januar, als ich die letzten Seiten im Buch las, ist Oma Paula gestorben. Demenz für Anfänger – Das Buch weiterlesen

Ein Heim finden

„Wie? Sie haben einen Demenzgarten, aber kein Konzept für Demenz-Patienten mit Weglauftendenzen?“ Gewappnet mit der Liste der Sozialarbeiterin aus dem Krankenhaus, suchte ich mir – auch über Internetrecherche – im Juli 2013 ein paar Heime aus, die ich mir ansehen wollte. Da ich kurze Wege haben wollte kamen nur Friedberg und Bad Nauheim in Frage, eventuell Rosbach oder Florstadt. Das erste mit dem Demenzgarten in Friedberg machte keinen guten Eindruck auf mich, obwohl neu gebaut und alles sehr modern, war es kein guter Empfang. Ein Heim finden weiterlesen

Eine Art Gymnastik

Bürstenwurm„Huch Papa!“ Erstaunt schaute ich meinen Vater an, als ich zum Besuch sein Zimmer betrat. Erwartete ich doch, dass er- wie meist – im Bett lag, zur Wand blickte und ich ihn erst mehrmals ansprechen musste, bis er sich mir zuwenden würde. Heute war ich sprachlos. Er saß auf dem Bett, schaute mich erwartungsvoll an und balancierte eine PET-Flasche auf seinem Arm. Ich grinste, setzte mich zu ihm, gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er wehrte mich aber ab. Schließlich störte ich seine Versuche, die PET-Fasche auf seinem Kopf zu balancieren. Eine Art Gymnastik weiterlesen

Zwei Jahre Bürstenwurm

GeburtstagskuchenHeute vor genau zwei Jahren startete ich mit diesem Blog. Schon bevor mein Vater ins Heim kam, hegte ich die Idee, ein Buch über den Alltag mit einem Demenz-Patienten zu schreiben. Ich machte mir Notizen, versuchte eine Struktur zu finden und stellte fest, es waren immer nur kleine Episoden und 1000 lose Enden, die ich im Kopf hatte. Das Konzept blieb löchrig und ich legte das Projekt auf Eis. Auch weil mir klar wurde, dass ich für ein Buch dranbleiben musste. Das Dranbleiben jedoch konnte ich mir als pflegende Angehörige nicht vorstellen. Viel zu oft musste ich sowieso meine Arbeiten und Vorhaben unterbrechen und mich um meinen Vater kümmern. Zwei Jahre Bürstenwurm weiterlesen

Der 80. Geburtstag

2016-07-16 14.06.43„Nein, das geht nicht“, unwillig schaute mich Therese an. Okay, so durfte ich die Tischdecke also nicht hinlegen. „Wie dann, Therese?“ „Anders“, schimpfte sie und schnappte sich die Tischdecke. Ich seufzte, wie anders sollte das gehen, der Tisch ist quadratisch die Decke auch. Sie legte die Decke auf und verschob sie einfach einmal im Uhrzeigersinn. So also konnte es gehen. Es waren insgesamt acht Tische, auf die ich eine hellblaue Decke legen wollte. Therese immer hinter mir her, um sie dann einmal zu drehen. Gut, sie war damit an dieser Aktion beteiligt und freute sich, mir zu helfen. Der 80. Geburtstag weiterlesen

Im Krankenhaus – 10 Tage

Krankenhaus„Ihr Vater war heute früh sehr aggressiv.“ Ich schaute die Pflegerin an, die dies so ganz nebenbei zu mir sagte, als ich meinen Vater am 6. Tag im Krankenhaus besuchte. „Was war denn los?“ wollte ich wissen. „Wir mussten ihm einen Katheder anlegen, da wir eine Urinprobe brauchten, da hat er plötzlich um sich geschlagen.“ Hm?! Ich stellte mir vor, dass die Pflegerin an seinem Bett gestanden hat und sagte: „Herr Schäfer, wir legen jetzt einen Katheder an!“ und sofort loslegte. Das kann ja nur schiefgehen. „Wissen Sie, bei schwer dementen Patienten geht das nicht so fix. Und wie soll er Ihnen denn mitteilen, dass er das nicht mag? Er kann sich ja nicht mehr verständlich machen.“ Sie zuckte mit den Schultern und ging. Im Krankenhaus – 10 Tage weiterlesen

Im Krankenhaus – Notaufnahme

Erste Hilfe5:45 Uhr und mein Handy klingelte. Völlig schlaftrunken starrte ich wütend auf das Display. „Wer um Himmels Willen ruft um diese Zeit an?“ Plötzlich erkannte ich die Nummer auf dem Display – das Heim – da rief mich jemand aus dem Heim an. Schon gestern, ging es Papa nicht gut und er sollte dem Neurologen vorgestellt werden, noch in dieser Woche. „Warum zum Teufel rufen die um diese Uhrzeit an?“ Ganz langsam wurde mir klar, dass etwas passiert sein muss und es besser wäre, wenn ich jetzt drangehen würde. Mit einem zaghaften „Jaaaa bitte?“ nahm ich den Anruf entgegen. Im Krankenhaus – Notaufnahme weiterlesen

Der Wasserschaden

Der Wasserschaden Es war Anfang April 2013. Ich war mitten in den Vorbereitungen einer größeren Veranstaltung und entsprechend angespannt. Ein Promi sollte der Gastredner sein und da musste alles stimmen. Am Vortag war ich in der Location, um alles für den großen Tag zu richten. Eine Freundin war bei meinem Vater. Sie wollte so nett sein, ein bisschen mit ihm im Garten zu arbeiten. Der Wasserschaden weiterlesen

Die Auslöschung

Auslöschung_ARDWas für ein Titel. Was für ein Film. Es geht um eine späte tiefe Liebe zwischen der Restauratorin Judith Fuhrmann (Martina Gedeck) und dem Kunsthistoriker Ernst Lemden (Klaus-Maria Brandauer). Als das Glück perfekt erscheint, beide zusammen ziehen wollen, wird Ernst „komisch“. Es dauert eine Weile, bis Judith klar wird, dass die „Schusseligkeit“ ihres Liebsten auf Demenz hindeutet. Ernst verliert sein Intellekt, seine rhetorische Gewandtheit und Brillanz. Es kommt immer wieder zu Streitigkeiten, weil er seine Krankheit sehr ernst nimmt. Die Auslöschung weiterlesen

Wie im Straßencafé

StraßencafeWir saßen im Gang der gerontopsychiatrischen Station des Friedberger Krankenhauses und schauen was passiert. Mein Vater war im Sommer 2013 dort für etwa drei Wochen. Zuvor hatte sich sein Zustand zu Hause sehr verschlechtert. Der Tag-Nacht-Rhythmus war umgekehrt, die Ärzte wollten versuchen, dies medikamentös auf die Reihe zu bekommen, was schließlich nicht funktionierte. Wie im Straßencafé weiterlesen