Archiv der Kategorie: Alltag

Welt Alzheimertag – wir müssen reden!

Es ist schade, dass mich der Welt Alzheimertag erst interessierte als mein Vater an Demenz erkrankte. Dabei wird er seit 1994 am 21. September begangen. „Erst wenn man selbst betroffen ist, interessiert einem ein solch schwieriges Thema“, sagte mir mal die Tochter eines Bewohners im Heim. Ja, sie hatte recht. „Schwierige“ Themen lassen wir nicht an uns heran, bis sie uns einholen. Rückblickend bin ich froh, dass ich mit dem Thema schon seit etwa 2005 konfrontiert wurde. Ich arbeitete damals einige Jahre in Bad Nauheim in der Parkinson Klinik als PR Referentin. Welt Alzheimertag – wir müssen reden! weiterlesen

Als meine Mutter ihre Küche nicht mehr fand

Als sie Anfang siebzig war, findet die Mutter von Jörn Klare ihre Küche nicht mehr. Die Ärzte diagnostizieren Demenz. Für den Sohn wirft das große Fragen nach dem Wert und der Würde des Lebens mit Demenz auf. Kann ein Mensch seine Würde verlieren? Kann man sich selbst verlieren? Er spricht darüber mit Fachmenschen, wie Altenpfleger, Theologen, Soziologen und Psychologen.

„Demenz macht Angst. Angst ist der größte Risikofaktor für gute Hirnleistungen. Schön, dass es auch gute Nachrichten gibt: Neun von zehn Menschen jenseits der fünfundsechzig sind nicht dement.“ Als meine Mutter ihre Küche nicht mehr fand weiterlesen

Der 81. Geburtstag

Heute wäre mein Vater 81 Jahre alt geworden. Im letzten Jahr haben wir den 80. Geburtstag im Heim mit Kaffee, Kuchen, netten Gästen und hilfreichen Damen, die mit geschmückt und den Tisch gedeckt haben, gefeiert. Letztes Jahr im Mai hoffte ich, dass wir den 80. noch feiern könnten. Er war damals im Krankenhaus und es sah gar nicht gut aus. Aber, er hatte sich wieder aufgerafft und wollte weiterleben. Bis zu seinem Geburtstag war er wieder fast „der Alte“, so weit das mit dieser Krankheit sagen kann. Es war ein schöner Tag, wir haben viel Kuchen gegessen und die Gäste freuten sich, dass „Werner heute alles bezahlt“. Der 81. Geburtstag weiterlesen

Würdevoller Abschied

„Ich muss Ihnen sagen, dass Ihr Vater eben gestorben ist. Mein herzliches Beileid.“ Auf den Anruf hatte ich fast gewartet. Aber der Reihe nach. An dem Tag als ich den Blogpost „Warten“ schrieb, ist mein Vater gestorben. Er ist friedlich eingeschlafen, so wie ich es ihm gewünscht hatte.
Als ich den besagten Blogpost gerade hochgeladen hatte, rief eine Mitarbeiterin aus dem Heim an: „Malu komm, es geht zu Ende.“ Ich hatte eh schon den Autoschlüssel in der Hand, war ich doch in dieser Woche jeden Tag bei ihm. Würdevoller Abschied weiterlesen

In eigener Sache – wie geht es weiter?

Viele haben mich nach dem Tod meines Vaters am 7. April gefragt, was nun mit dem Blog geschieht. Ich werde ihn auf jeden Fall weiterführen. Er lebt in meinen Erinnerungen weiter. Als ich die letzten Wochen einige persönliche Sachen und Unterlagen sortieren musst, sind mir so viele Geschichte aus seinem und unserem Leben eingefallen. Darüber möchte ich schreiben. Aber es sind auch noch viele Erlebnisse, die ich mit ihm hatte in der Zeit der Erkrankung, die ich euch nicht vorenthalten möchte. In eigener Sache – wie geht es weiter? weiterlesen

Der Film-Pult oder so

„Du musst … da kommt … also die Post.“ „Papa, soll ich auf die Post, was holen?“ „Hmmm …. Nein … Da kommt ein Pult.“ „Ach du meinst, die liefern was?“ „Ja.“ Ich sah, er rang nach Worten, aber es fiel ihm partout nicht ein, was er sagen wollte. „Filme, da …. Conrad ….“ Ohje, Post, Pult, Filme, Conrad da sollte ich dann was draus machen. Die Worte verloren sich ganz schnell. Als mein Vater 2013 im August ins Heim kam, hatte er schon heftige Wortfindungsstörungen. Immer mehr Worte eines Satzes wurden durch „dings“ ersetzt. Der Film-Pult oder so weiterlesen

Eine Art Gymnastik

Bürstenwurm„Huch Papa!“ Erstaunt schaute ich meinen Vater an, als ich zum Besuch sein Zimmer betrat. Erwartete ich doch, dass er- wie meist – im Bett lag, zur Wand blickte und ich ihn erst mehrmals ansprechen musste, bis er sich mir zuwenden würde. Heute war ich sprachlos. Er saß auf dem Bett, schaute mich erwartungsvoll an und balancierte eine PET-Flasche auf seinem Arm. Ich grinste, setzte mich zu ihm, gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er wehrte mich aber ab. Schließlich störte ich seine Versuche, die PET-Fasche auf seinem Kopf zu balancieren. Eine Art Gymnastik weiterlesen

Keine Frage des Alters!

handDa sitzen wir gemütlich im Gemeinschaftszimmer, trinken Kaffee und essen Kuchen. Es ist Kaffeezeit und ich sitze mit meinem Vater am Tisch. Herr Schimmelschön-Käserübe-Langenscheid hat seinen eigenen Auftritt. Er steht in der Tür und lässt seinen Blick kreisen, zückt ein Rillo und schaut die Mitarbeiterin, die den Kuchen verteilt, erwartungsvoll an. Sie reagiert nicht. Er steckt den Rillo in den Mund und zückt das Feuerzeug. „Herr Schimmelschön-Käserübe-Langenscheid, Sie wissen doch, dass Sie hier nicht rauchen dürfen“, sagt sie. Mein Vater dreht sich rum, sagt aber nichts. Keine Frage des Alters! weiterlesen

Zwei Jahre Bürstenwurm

GeburtstagskuchenHeute vor genau zwei Jahren startete ich mit diesem Blog. Schon bevor mein Vater ins Heim kam, hegte ich die Idee, ein Buch über den Alltag mit einem Demenz-Patienten zu schreiben. Ich machte mir Notizen, versuchte eine Struktur zu finden und stellte fest, es waren immer nur kleine Episoden und 1000 lose Enden, die ich im Kopf hatte. Das Konzept blieb löchrig und ich legte das Projekt auf Eis. Auch weil mir klar wurde, dass ich für ein Buch dranbleiben musste. Das Dranbleiben jedoch konnte ich mir als pflegende Angehörige nicht vorstellen. Viel zu oft musste ich sowieso meine Arbeiten und Vorhaben unterbrechen und mich um meinen Vater kümmern. Zwei Jahre Bürstenwurm weiterlesen

Der Heimgang

2016-07-29 12.08.00-1Wer geht heim? Oder ist es ein Buch über den Tod? – Das sind die ersten Gedanken, die mir bei diesem Buchtitel durch den Kopf gingen. Es ist von allem ein wenig. Das Wortspiel funktioniert. Otto Streckeisen war knapp über 90 Jahre als er ins Altersheim gegangen ist. Freiwillig ging er dorthin, weil er im Alltag schwächer und kränklicher wurde. Er erkannte, dass er immer mehr auf fremde Hilfe angewiesen sein würde. Zu Hause war ein alter Kranker unter jungen Gesunden; im Heim ist er einer unter Vielen. Also nichts Besonderes, wie er selbst sagt. Durch Zufall kam er dazu, eine regelmäßige Kolumne für eine Zeitung zu schreiben. Der Heimgang weiterlesen